Baja Norte

Corona statt Coors
Fish Taco statt Burger
Spanisch statt Englisch
Kakteen statt Sequoias
Kilometer statt Meilen
Pesos statt Dollar
Schlaglöcher-Strassen statt Interstate-Highways - wir sind in Mexiko!

Niederkalifornien ist mit rund 1200 km die zweitlängste Halbinsel der Welt. Die Halbwüste beheimatet unzählige Kakteenarten und versteckt alte Missionen. 4x4 Pisten führen in einsames Hinterland, vorbei an langen Sandstränden und grünen, bis 3096 Meter hohen Bergen. Die Tierwelt kann sich sehen lassen. Ein Drittel, aller Meeressäugetiere weltweit kommen in den Gewässern rund um die Baja vor. Die Grauwale machen sich sogar jedes Jahr auf eine lange Reise. Von den Gewässern der Arktis, schwimmen sie bis zu ihrer Lieblingsbucht, um ihre Jungen zur Welt zu bringen. Wir hoffen sehr darauf, die Ozeanriesen hier sehen zu können. Ob’s uns vergönnt ist?!

Herzklopfen - Grenzübertritte versprechen Adrenalinschübe. Die eigene Unsicherheit und die Unberechenbarkeit der Zöllner lassen unsere Herzen stets höher schlagen. Bei einer Grenze in einen anderen Kulturkreis mit einer Sprache, der wir (noch!) nicht mächtig sind und mit dem eigenen Fahrzeug verhält sich das nicht anders. Im Gegenteil!
Frühmorgens herrscht das übliche Gewusel eines Grenzortes, obgleich wir mit Tecate bewusst eine kleine Grenze gewählt haben. Ein wenig Schlange stehen und schon dürfen wir die Schranken passieren. Etwas abseits wird ein flüchtiger Blick ins Wageninnere geworfen. Es scheint sich auszuzahlen, dass nicht alles haarklein verstaut ist. 1000 neugierige Blicke, ein, zwei Fragen und wir könnten die Grenze passieren. Aber un momento, wir brauchen eine Touristenkarte.
Auf Nachfragen wird uns hilfsbereit und in Englisch erklärt, wo wir durchgehen müssen, um zur «Imnigración» zu kommen. Der grimmige Beamte in seinem schmucklosen Büro schaut gelangweilt auf und schiebt uns zwei Formular rüber, die wir auszufüllen hätten. Wir setzen uns an die kleinen Pulte und fühlen uns sogleich wie in der Schule. Wir scheinen uns nicht schlecht angestellt zu haben, denn auf unsere Bitte, ein 6-monats Visa zu erhalten, wird nach etwas Nachfragen seinerseits («why would you like to stay 6 month?») und etwas Schmeicheln unsererseits («ouh, there are a lot of beautiful things to see in Mexiko!»), eingegangen. Der Zöllner wird immer netter und spätestens als wir bestätigen, dass es in der Schweiz «muy frio» sei, ist das Eis gebrochen. Wir werden zum angrenzenden Bankschalter geschickt, um die Einreisegebühr zu bezahlen, finden ihn aber nicht auf Anhieb und werden zum Beamten zurückgerufen. Wir könnten auch bei ihm zahlen. Aha, werden wir ein erstes Mal abgezockt? Nein nein, wir erhalten nach der Aushändigung Einreisegebühr eine Quittung und unsere Pässe zurück. Um die temporäre Einfuhrgenehmigung für das Auto wollen wir uns weiter südlich, in La Paz, kümmern. Vamos!

Lebensfülle - Direkt, wirklich direkt, nach der Grenze beginnt es, das pure Leben! Es wird wieder gewunken, gekocht, geliebt, geflucht, gespielt und gestritten. Alles draussen und direkt vor unseren Augen. Essensdüfte hängen in der Luft, Hunde eilen über die Strassen, bunte Krimskrams-Läden an jeder Ecke. Aber auch, es ist nicht zu leugnen, Abfallberge, wo das Auge hinfällt. Es prasseln so viele Eindrücke auf uns nieder, dass wir uns kaum sattsehen können! Und das, obwohl es überall heisst, das «richtige» Mexiko sei nicht hier, sondern auf dem Festland zu finden. Nach dem «kulturlosen» Amerika sind wir wohl schnell zu begeistern…
Der Strasse sollte unsere volle Aufmerksamkeit gelten. Fussballgrosse Löcher zieren sie und es gilt sich in den regellosen Fluss einzufügen ohne unterzugehen. Fies sind auch die unzähligen Speedpumps, «Topes», die beim Übersehen für gehöriges Rumpeln im Küchenschrank sorgen…
Wir gondeln über die «Ruta del Vino». Von deren Weinanbaugebieten jenseits der Strassen, es heisst, sie bräuchten den Vergleich mit dem «Napa Valley» in Kalifornien nicht zu scheuen. Wir können es nicht beurteilen, schliesslich müssen wir ja fahren und können somit nicht trinken. Leider.
Im «Supermercado» schlagen wir uns durch das neue Angebot. Convienince Food und die Aufkleber auf jeder Frucht und jedem Gemüse (damit die Kassiererin nicht jedes der Früchte und Gemüse kennen muss) der USA sind verschwunden. Hier gilt es sich die unversehrteste Frischware zu suchen, bei Fleischwaren nicht zimperlich zu sein und sich Backwaren mit einer Zange auf ein silbernes Tablett zu laden. Einkaufen wird zum Erlebnis.
In Ensenada steuern wir für unsere erste Übernachtung einen Campingplatz an. Wir staunen nicht schlecht, als beim Eingang schon drei Autos mit Schweizer Kennzeichen stehen. Es ist die uns bekannte Reisegruppe von Potrero, ausserdem lernen wir die St. Galler, Erika und Bert kennen. Schnell wird ein guter Preis ausgehandelt und das Ankommen im neuen Land ist ganz leicht!

Seitenwechsel - Nach gemütlichen Tagen mit vielen guten Gesprächen ziehen wir alleine weiter, auf die andere Seite der Halbinsel. Heute ist der erste Advent, was aber nichts an unserem Reiseleben ändert. In einer kleinen Kneippe versuchen wir uns in der neuen Sprache. Wir ernten ein breites Grinsen und erhalten, was wir wollen - unserer ersten Tacos schmecken!
Die kurvige Strasse geht bald in eine lange Gerade über, vorbei an einer unwirtlichen Kakteenwüste, kleine, bunte Häuschen dazwischen. Links und rechts sehen wir sandige Pisten und bald auch wofür sie da sind. Aufgemotzte VW-Käfer und andere Boliden schiessen durch die Büsche. Die berühmte «Baja 1000», ein Offroad-Autorennen quer über die Halbinsel, ist noch nicht lange Geschichte.
Kurz vor San Felipe dann unsere erste Militärkontrolle. Bis auf die Zähne bewaffnet, die Maschinenpistole im Anschlag werden uns Fragen gestellt. Nach dem Woher und Wohin etwa. Ungewohnt und ein wenig angsteinflössend. Die Kontrollen sind jedoch so zahlreich, dass wir uns schnell daran gewöhnen sollen. Wir erreichen San Felipe und lassen uns Zeit mit dem Ankommen.

In Erklärungsnot - Anita und Markus haben es nicht leicht! Die beiden Luzerner waren die letzten Jahre mit verschiedenen Fortbewegungsmitteln in der ganzen Welt unterwegs. Bevor sie in die Schweiz zurückkehren, geniessen sie ihr Leben als «Snowbirds». Genau wie ihre kanadischen und amerikanischen Gleichgesinnten verbringen sie den Winter im warmen Mexiko und den Rest des Jahres in den USA und Kanada. Sie erzählen uns von den verschiedenen Programmpunkten (Boccia um 13.00, Apéro ab 16.00 Uhr) und dass sie immer und immer wieder erklären müssen, wieso sich so viele Schweizer auf eine längere Reise begeben und wie, um himmelswillen, sie sich das leisten können. Gerade für die Amerikaner, die sich das meiste auf Pump kaufen, ist jede Erklärung schwer nachvollziehbar.
Auf der Baja, soll es uns auch richtig bewusst werden. Für die «Grösse» unserer Heimat, sind überdurchschnittlich viele Schweizer Langzeitreisende unterwegs. Wir ziehen den Altersschnitt ein wenig nach unten - die meisten sind im Vorpensionär-Alter und haben das Ziel, nie mehr arbeiten zu müssen. Gemeinsam ist fast allen, dass sie jahrelang gespart haben um sich diesen Traum zu erfüllen.

Kleiner Freund - Wir verlassen San Felipe, jenen Ort, wo die Party vorbei zu sein scheint. Die meisten Campgrounds sind verlassen, Restaurants und sonstige touristische Einrichtungen ebenso. Können oder wollen sich die Amerikaner sich keine Ferien mehr leisten hier?
Ein Stopp, im «Valle de los Gigantes», wo wir Kakteenriesen bestaunen. Die «Saguaros» können fast 20 Meter hoch werden und das stolze Alter von 1500 Jahren erreichen. Weiter entlang der Küste. Wir sind alleine unterwegs und die einsamen Buchten sind perfekt zum Übernachten. An der «Bahia de Luis Gonzaga» treffen wir früh ein und stehen neben einer «Palapa» (palmengedeckte Hütte) direkt am feinen Sandstrand. Wir verbringen einen faulen Nachmittag, beobachten die jagenden Pelikane und erhalten Besuch. Urplötzlich taucht ein Seehund aus dem Wasser auf. Er kommt an Land, legt sich faul in die Sonne und wir können ihn stundenlang aus nächster Nähe beobachten.

Auf Piste - Wir verlassen die Küste und mit ihr auch die ebene Strasse. Über eine ruppige 4x4 Piste mit spitzen Steinen fahren wir ins Inselinnere. Wir kommen nur langsam voran auf der staubigen Strasse und gönnen uns eine kühle Cola beim berühmten «Coco’s Corner». Hier hat sich ein Einsiedler sein kleines Reich geschaffen und wurde bekannt wie ein bunter Hund. Die Streckenführung der «Baja 1000» wird sogar extra so gelegt, dass die Fahrer hier vorbei kommen.
Spätnachmittags erhaschen wir unsere ersten Blicke auf die «Bahia de Los Angeles». Kleine grüne Inseln liegen vor dem Ort und es soll einer der schönsten Plätze der Baja California sein. Hurricane Odile zog Mitte September eine Spur der Verwüstung hinter sich her. Ganze Strassen wurden weggeschwemmt, Erdmassen begruben alles unter sich, das sich ihnen in den Weg stellte. Wir werden die Spuren des verheerenden Sturmes auch weiter südlich immer wieder sehen.
Auf dem Campingplatz Dagett’s Beach sind wir gleich umringt von vielen bekannten und auch ein paar neuen Gesichtern. Wir treffen wieder auf Maria, Hans-Jörg, Ruth und Peter und lernen auch noch die Deutschen Ilka und Günther (www.ilka-und-günther-on-tour.de), sowie noch mehr Schweizer, Claudia und Martin kennen (www.viaje.ch). Mit ihnen können wir sogar gemeinsame Bekannte eruieren. Jaja, langsam haben wir das Gefühl die Welt ist ein Dorf;).
Aus einer geplanten Nacht werden schnell drei. Gemütliche Plauderrunden, Strandspaziergänge, werkeln am Auto und feine Essen wechseln sich ab. Vorbeiziehende Delfine und jagende Vogelschwärme sorgen für Spektakel.

Durch den Kakteenwald - Wir verabschieden uns von den anderen, wollen wir uns doch wieder auf «Abwege» wagen. Das Ziel, eine alte Mission, namens San Borja. Langsam vorankommend haben wir Zeit die Schönheit der Landschaft zu geniessen. Agaven, Riesenkakteen, Kaktusskugeln und die lustigen Cirio-Bäume, die an ein falsch eingepflanztes Rüebli erinnern, wechseln sich ab. Die grünen Hügel sind sanft geschwungen. Immer tiefer dringen wir in die Einsamkeit ein. Gerade, als wir zweifeln, ob uns hier wirklich Spuren der Zivilisation erwarten, sehen wir sie.
Ein Nachkomme der Einwohner, aus der Zeit vor der Eroberung, restaurierte die Mission aus hellem Sandstein von 1762 eigenhändig. Das Resultat kann sich sehen lassen! Bei einer Privatführung staunen wir über all die schmucken Details, die stillen, erhabenen Hallen und die Aussicht vom Dach.
Nach einem Zmittag und dem obligaten Kaffeekränzchen fahren wir spätnachmittags weiter. Wir küren einen Platz mitten im stacheligen Kakteenwald aus - und finden zu einem unserer schönsten Schlafplätze bisher.

Weiter südlich, auf der Baja California Sur, gibt es noch viel mehr zu entdecken! Wo wir die Festtage verbringen werden, wie wir mit einer echten Schweizer Spezialität verwöhnt werden und ob wir die Meeresriesen aus der Nähe beobachten können - bald erfahrt ihr’s!

rene Mehmann

2015-01-13 17:20:43

Buenos Travellers
Als Buggy-Freak ist mir die Baja California seit 20 Jahren ein Begriff. Die speziell für dieses Rennen präparierten Fahrzeuge sind vor allem wenn es sich um abgeänderte VW-Käfer handelt, sichere Wertanlagen. Bruder Toni kennt diese Gegend von ausgedehnten Harley-Touren. Seine grösste Angst ist, dass ihr die Ein- und Ausreise-Formalitäten nicht richtig bearbeitet habt dann könnte spätzer ÄRGER drohen. Dass die Gegend soviel Charme hat, dokumentiert ihr eindrücklich. Bericht und Fotos erfreuen mich und trösten über den fehlenden Winter. Geniesst die Reise, ich habe heute ein paar Franken als verspätetes Weihnachtsgeschenk überwiesen. Wir grüssen Euch herzlich und danken für die tollen Berichte und die prächtigen Fotos. Tequilla bum, bum! Rene Mehmann, Papi

Marcel Kramer

2015-01-15 13:35:56

Ich liege auf dem Sofa, mit hochgelagertem Bein, ruhe meine Hüfte ein wenig aus und geniesse eure Fotos und euren spannenden Bericht. Mein Herz klopft und meine Sehnsucht überschwemmt mich mit freudigen Gefühlen, was für eine schöne Welt, was für ein herrliches Leben!!!
Ganz liebe Grüsse Paps, Olga und Nikita

Rene Mehmann

2015-01-21 19:28:01

Buenos tardes
Ich habe gerade gehört ihr seid im echten Mexiko angekommen. Wir wünschen Euch auch auf diesem Abschnitt eine tolle Reiseerfahrung. Saludos Rene Mehmann/Papi


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